Diamant City Blitz: Das zweite deutsche E-Bike

Diamant City Blitz: Das zweite deutsche E-Bike

Diamant kann Innovation. Wir waren schon in den 1920ern der erste deutsche Hersteller, der mit Aluminium experimentierte. Wir haben am Rennrad zeitgleich mit Campagnolo den schnellen Radwechsel möglich gemacht. Und 1992 brachten wir schon unser erstes E-Bike in die Serienproduktion – als zweiter deutscher Hersteller überhaupt. Hier stellen wir dir das besondere Diamant City Blitz und seine Eigenschaften einmal näher vor.

Diamant City Blitz: Ein Stahlross, das Kräfte freischaltet, wenn ihre Kräfte nachlassen

Radfahren kann mühselig sein. Die Idee, mit Hilfsmotoren zu arbeiten, ist beinahe so alt wie das Fahrrad selbst. Als der Verbrennungsmotor noch mit der Dampfmaschine konkurrierte, experimentierten findige Menschen auch mit Elektroantrieben – seinerzeit erfolglos. Ernsthafte Versuche gab es dann in den 1960er Jahren, aber kein Prototyp schaffte es je zur Serienreife. Das änderte sich erst in den frühen 90er Jahren – und hier war Diamant ganz vorne mit dabei. Und ganz vorne mit dabei war sicherlich auch die Optik, die sich deutlich von anderen Fahrrädern unterschied. Die extravagante Farbgebung kaschierte den enormen Akku jedenfalls als Stilelement.

Diamant E-Bike City Blitz vor einem weissen Hintergrund

“Sie fahren gerne Rad, aber wollen auch mal die Muskeln entlasten? Und nicht so schnell aus der Puste kommen? Darauf gibt es jetzt eine Antwort: Cityblitz, das Power Bike.” So wurde das neue Leichtmofa ab Ende des Jahres 1991 in der Werbung angepriesen. Es sollte die Eigenschaften von Trekking®-Rad und Mofa verbinden. Kein nerviges Knattern wie bei einem Verbrenner, aber eben mehr Spaß für längere Zeit.

Fahrradlenker mit Schaltung, Bremse und Display vom Diamant E-Bike City Blitz

Das City Blitz wurde Anfang der 90er-Jahre mit Treuhandgeldern* entwickelt. Damals war das Hercules Electra in Vorserie schon drei Jahre auf dem Markt – außer Diamant sprang aber kein anderer Hersteller auf den Trend auf. Deshalb war das City Blitz 1992 das zweite deutsche E-Bike und auch weltweit eines von nur drei erhältlichen Serienprodukten.

Mittlerer Einstieg, 5-Gang-Pentasport-Schaltung und 90er-Farbdesign. (Lila und Türkis waren eine Kultkombination sondergleichen, oder nicht?) Bei Steigungen konnte das City Blitz zeigen, was in ihm steckt. Ein kurzer Dreh am Zündschlüssel und eine kleine Bewegung am Lenkergriff setzten den Elektromotor am Vorderrad in Gang. Man konnte den Motor ganz für sich arbeiten lassen oder ihn durch Treten unterstützen – die Lex Hercules erlaubte eine rein motorische Unterstützung bis 20 km/h. Die Geschwindigkeit war mittels eines Drehgriffs stufenlos regelbar. Ein Display am Lenker zeigte Geschwindigkeit, Durchschnittsgeschwindigkeit, Fahrstrecke und sogar die Uhrzeit an. Je nach Ausstattung kostete das E-Bike 2.550 bis 2.800 DM.

Detailansicht vom Diamant E-Bike Cityblitz mit Reibrollenantrieb

Der 28.8V-Motor wirkte über Reibung auf das Vorderrad. Er wurde über einen Drehgriff zugeschaltet, indem ein Mechanismus ihn absenkte und Kontakt zum Reifen herstellte. Der Motor entwickelte eine Dauerleistung von 0.17 kW und kurzzeitig standen sogar 0.36 kW zur Verfügung. Die Motorleistung war also nicht überragend, aber ausreichend für eine Geschwindigkeit von 20 km/h. Angetrieben wurde er von einer 5.3 kg schweren Nickel-Cadmium-Batterie, welche sich zusammen mit dem Ladegerät in einer abschließbaren, herausnehmbaren Box befand.

Detailaufnahme von der Akku-Box vom Diamant E-Bike City Blitz

Eine Akkuladung reichte je nach Bedingungen für rund 30 Kilometer. Für damalige Zeiten war das phänomenal – und solang der Motor nicht zugeschaltet war, ließ sich das Rad ja reibungsfrei ganz normal fahren. Der Akku war nach einer Ladezeit von maximal vier Stunden wieder voll aufgeladen.

Die Pedale und der Motor konnten beim City Blitz völlig entkuppelt werden. So konnte das E-Bike auch als ganz normales Fahrrad eingesetzt werden oder eben als Mofa. Mit einem Gewicht von 27 kg lag das City Blitz zwar weit unter anderen E-Bike-Experimenten jener Zeit, aber ein pures Vergnügen war das sicher nicht. Ließ man die Power-Box daheim, wog das City Blitz immerhin noch 19.2 kg – etwa 2-3 kg mehr als ein vergleichbares Standardbike.

Technische Daten

Rahmen: Leichter, stabiler Trekking-Rahmen (Cro-Mo)

Laufräder: Alu, schwarz, 28 Zoll, 37 mm breit

Bremsen:

  • Vorne Fichtel & Sachs Trommelbremse
  • Hinten 5-Gang-Schaltname von Fichtel & Sachs
  • Beleuchtung: Standlichtautomatik von Union, schwarz

Motor:

  • Kräftiger, zuschaltbarer Elektromotor am Vorderrad
  • Nennspannung 28.8 V
  • Dauerleistung 0.17 KW
  • Kurzzeitleistung 0.36 KW
  • Nenndrehzahl 4200 U/min
  • Max. Drehmoment 3.2 Nm

Batterie:

  • Ni-Cd-System
  • Gewicht 5.3 kg
  • Nennspannung 28.8 V
  • Kapazität 7 Ah
  • Spitzenstrom 30 A
  • Ladezeit max. 3 Std.
  • Power Box herausnehmbar

Reichweite: ca. 30 km

Höchstgeschwindigkeit: 20 km/h

Gewicht: 25 kg

Farben:

  • Grün/ Blauviolett
  • Silbermetallic/ Flieder

Display-Funktion:

  • Anzeige von Geschwindigkeit
  • Tages- und Gesamtkilometer
  • Durchschnittsgeschwindigkeit
  • Stoppuhr
  • Anzeige des Batteriezustandes

Sonstiges:

  • Gefederter Sattel
  • Trelock-Ringbügelschloss
  • Schlüsselschalter für Motor
  • Seitenständer
  • Luftpumpe

Warum das Diamant City Blitz trotz brillanter Technik scheiterte

Das City Blitz hatte einige Schwachstellen, unter anderem den Reibrollenantrieb. Die zu schmale Reibrolle aus Stahl hatte bei Nässe kaum noch Reibung und rutschte dann gerne durch. Auch beschädigte die schmale Rolle auf Dauer mit ihren Kanten den Vorderreifen – der ohnehin wegen des Abriebs deutlich schneller verschliss und dementsprechend pannenanfällig wurde.

Ein weiterer Schwachpunkt waren die Akkus. Sie hatten einen ausgeprägten Memory-Effekt, sodass bereits nach kürzerer Zeit (manchmal schon nach einem Jahr) der Akku durch einen neuen ersetzt werden musste.

Nicht zuletzt aufgrund dieser Mängel setze sich das Diamant City Blitz nicht durch. 1996 wurde die Produktion wieder eingestellt. Bis dahin wurden nur 3.000 Fahrräder verkauft – ursprünglich war das die geplante Menge nur für 1992 gewesen. Auch wenn der Rahmen und die übrige Technik sehr gut waren: Am E-Bike setzten sich letztlich Antriebsideen anderer Hersteller durch.

* Die Treuhand war eine Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Aufgabe es war, ehemalige volkseigene Betriebe der DDR in die Privatwirtschaft zu überführen. Die Treuhand investierte vor dem Verkauf in die Restrukturierung der Unternehmen und sollte sich durch die Verkaufserlöse selbst finanzieren, brauchte in der Realität aber große staatliche Zuschüsse.